Vor ca. 150 Jahren begann mit den ersten Hundeausstellungen, Zuchtbüchern und Kynologenverbänden die Ära der modernen Hundezucht. Begonnen hat dies überall auf Initiative der Jägerschaft, denn Jagdhunde galten in alten Zeiten als die wertvollsten, edelsten Hunde überhaupt, was auch mit der Jagdlust des Adels zusammenhing. Das Wesentliche war damals noch die Beurteilung der Fähigkeit der Hunde, die jagdlichen Funktionen optimal und ausdauernd, auch durch einen langen Tag hindurch, durchzuführen, wofür unter anderem eine entsprechende funktionelle Anatomie erforderlich ist. Zunächst wurden daher nur Jagdhunde ausgestellt, doch bald wurden auch andere Rassen aus den Gruppen der Herdenhunde und der Gesellschaftshunde zugelassen. Letztere wurden damals als „Luxushunde" bezeichnet. Für diese allerdings war eine wie immer geartete Leistungsfähigkeit nicht mehr das oberste Ziel, daher waren es auch nicht die körperlichen Merkmale dafür – obwohl das vielfach bis heute fälschlich aufrechterhalten wird – sondern der ästhetische Eindruck. Damit war aber schon der Grundstein für spätere Problematik und negative Auswirkungen gelegt.
Auswahl und Bewertung von Zuchthunden Der Hauptzweck der ursprünglichen Hundeschauen war jedoch die Auswahl und Bewertung der Hunde für die Zucht. Die weitaus meisten Rassehunde waren damals Gebrauchshunde, bei deren Bewertung das Augenmerk auf die Eignung für ihren Verwendungszweck gelegt wurde. Es wurden Standards erstellt, die den Idealhund der jeweiligen Rasse darstellen sollten, dessen Körperbau einer optimalen Arbeitsfähigkeit entsprach.
Da die moderne Rassehundezucht sich am englischen Vorbild orientierte, fand ein englischer Terminus beim Richten und Bewerten von Rassehunden Eingang, die sog. „Soundness". Dieses Wort bedeutete ursprünglich „Gesundheit" und wird auch heute noch oft als „Körperbau, der einen Hund optimal für die Funktion befähigt, für die seine Rasse gezüchtet wurde" definiert, kann aber auch nach anderen Definitionen „guter Körperbau", oder auch „Abwesenheit von körperlichen Defekten" bedeuten. Manche Rassen haben sich heute vom ursprünglichen Erscheinungsbild so weit entfernt, dass die erste Definition nicht mehr zutrifft.
 So war es beispielsweise die ursprüngliche Aufgabe des Bulldog, wütende Bullen festzuhalten. Heutige Bulldogs, so eingesetzt, würden oft schon durch Kreislaufversagen infolge Atemnot zusammenbrechen, bevor es zur wirklichen Konfrontation mit dem Stier käme. Viele „kynologische" Erklärungen sind auch geradezu grotesk, etwa, wenn beim heutigen Bulldog die eingedrückte, faltige Nase damit erklärt wird, dass der Hund dadurch beim Festbeißen ungehindert atmen könne und die Falten das Abrinnen des Blutes erleichtern.
Vieles hat sich seither geändert Die meisten Rassehunde sind heute den „Luxushunden", also in moderner Diktion den Begleit- oder Gesellschaftshunden, zuzurechnen. Abgesehen von den noch vorhandenen effektiven Gebrauchshunden werden für diese, aber auch für die „Schaulinien" von Gebrauchshunderassen (das sind Gebrauchshunde, die in erster Linie gezüchtet werden, um dem „Schönheitsgeschmack" zu entsprechen und so auf Hundeausstellungen mit Preisen reüssieren, Anm. d. Red.), meist keine Gebrauchsprüfungen verlangt. So änderte sich der wahre Zweck der meisten Hundeausstellungen von der Ermittlung der besten Gebrauchshunde für die Zucht zu vorwiegenden Schönheitskonkurrenzen, die weltweit einen ungeheuren Aufschwung erfahren haben.
Vorteilhafte Präsentation Es führte und führt dies zu einem ständigen Wandel des Erscheinungsbildes der meisten Hunderassen. Wenn der festgesetzte „Schönheitsstandard" erreicht ist, bzw. wenn man sich an diesem „satt gesehen" hat, wird er geändert oder eben anders „ausgelegt". Vor allem Übertreibungen, wie bei Haarlänge, Schnauzenkürze, Niederläufigkeit usw. treten häufig auf. Damit entfernten sich die Schauen weiter von ihrem züchterischen Zweck. So wurden für das Vorführen der Hunde, zunächst in den USA, professionelle Vorführer, sogenannte „Handler", maßgebend. Erfahrene Handler können auch weniger vollkommene Hunde so präsentieren, dass sie den für deren züchterischen Einsatz oft maßgebenden Championtitel erringen. Das hat auch auf die Mentalität der Ausstellungshunde seinen Einfluss – und damit auf die Eigenschaften der Rassehunde.
Gefragt ist im allgemeinen bei den meisten Rassen der Hund mit dem „will to win", der sich also selbst möglichst vorteilhaft präsentiert, nicht unbedingt eine für eine Rasse typische Eigenart. Allerdings sind solche Hunde in ihrem Auftreten durchaus sehr sicher und stressresistent, was züchterisch gewiss wertvoll ist, also doch per saldo eine positive Auswirkung einer Ausstellung darstellen würde! Ausgestellt zu werden ist ja für einen Hund ein gewaltiger Stress, so dass sogar Engländer über ihre weltgrößte Ausstellung, die Cruft’s, sagen „Cruft’s is not fit for dogs".
Substanzlose Glorifizierungen führen Ausstellungswesen ad absurdum Leider ist auch Kosmetik aller Art, wie gefärbte Haare und Nasenspiegel, Puder und andere „Verfälschungstricks" von den Ausstellungen nur mühsam oder gar nicht fern zu halten. Der übertriebene, lebensqualitätsmindernde Haarwuchs mancher Rassen lässt etwas anderes als diesen heute kaum mehr beurteilen. Wenn dann etwa so ein moppartiges Wesen praktisch nur auf Grund dieser Eigenschaft vor anderen oder gar vor allen Hunden den Titel („Best in Show") gewinnt, führt sich das heutige Ausstellungssystem völlig ad absurdum, und solche substanzlosen Glorifizierungen können einen positiven Einfluss auf die Qualität der Rassen nicht beanspruchen. Wie etwa soll die objektive Qualität eines Greyhounds mit der eines Pekingesen verglichen werden? Das ist aber noch nicht alles.
Die für den Gebrauch geeignetsten Hunde werden so schon lange nicht mehr ermittelt – und das geht auch nur durch Gebrauchsprüfungen, die aber jeweils mit den Anforderungen und Bedingungen der Praxis oft nicht wirklich übereinstimmen. Dasselbe gilt auch für den heute meist wesentlichsten Zweck der Ermittlung der besten Anlagen für einen Familien- und Begleithund. Ein Formwertrichter, der oft fünfzig Hunde an einem Tag begutachten muss, kann kein seriöses Urteil über dessen Wesen abgeben.
Was sind die züchterischen Kriterien? Jedoch, wir müssen uns klar sein, der Hauptzweck eines Nicht-Gebrauchshundes ist heute vielfach nicht das optimale Wesen, auch nicht die bestmögliche Gesundheit. Der Mensch ist empfänglich für Schönheit und Ästhetik, aber auch für Skurriles, Abartiges und Ungewöhnliches. Das wirkt sich nun in der innewohnenden und offenbar nicht zu bremsenden Dynamik der modernen Rassehundezucht aus, trotz mancher auch schon ganz offenkundig negativer Begleiterscheinungen. Rassen werden entgegen oft gehörter Meinung (oder Beteuerung) nicht mehr in ursprünglicher Form erhalten, sie werden fortlaufend „entwickelt" oder „verbessert", was immer damit gemeint ist. Der vorherrschende (und wechselnde) Geschmack der Richter ist entscheidend.
In den USA bereits Zuchtausschluss von Schönheits-Champions! Das begann schon bei den „Luxushunden" zu Beginn des Ausstellungswesens, wie beispielsweise beim Collie, ursprünglich ein schottischer Schäferhund. Er wurde mit großer Wahrscheinlichkeit durch Kreuzung mit Russischen Windhunden (Barsois) im Exterieur wesentlich verändert, was starken Anklang fand. Später wurde er (durch kleinere Augen und noch längere Haare) weiter „entwickelt." Dagegen hat die weltweit erfolgreiche Gebrauchsform, der Border Collie, viel vom ursprünglichen Rassetyp erhalten, wie meist bei Gebrauchshunden. Dementsprechend hat deren große amerikanische Züchtervereinigung sogar „Showchampions" von der Zucht ausgeschlossen!
Vereinigungen der Züchter anderer Rassen (so des Jack Russell Terriers) haben sich lange Zeit geradezu verzweifelt, aber schließlich erfolglos, gegen die Vereinnahmung, sprich Registrierung, durch den mächtigen Amerikanischen Kennel Club (AKC – der größte US-Hundezuchtverband) gewehrt. Dementsprechend ist nach einer Studie über die genetische Variabilität der vom AKC anerkannten Rassen der Jack Russell noch die genetisch variabelste! Die anderen zeigen in Abhängigkeit zum Zeitraum ihrer Anerkennung durch den AKC abnehmende Werte. Man kann das, in Abwandlung der bekannten Nikotinwarnung, so ausdrücken: Die Anerkennung als registrierte Rasse kann ihre Gesundheit schädigen …
Es geht in Richtung extremen Phänotyps  Die Dynamik der Rassenänderung durch das Ausstellungswesen führt leider nicht zum ausgewogenen Optimum, sondern zum extremen Phänotyp. Manches, wie fortlaufende Verlängerung des Haarkleides langhaariger Hunde, führt im allgemeinen „nur" zur Verminderung deren Lebensqualität. Ursprüngliche langhaarige Hunde hatten meist im Gesicht kürzere Haare, was ihr Sehvermögen nicht beeinträchtigte. Das hat man solchen Rassen inzwischen mehrfach erfolgreich weggezüchtet. Beispiele sind Puli, Skye Terrier oder Bobtail. Solche Hunde erschrecken sich durch ihre verminderte Sehfähigkeit öfters, was ihr Verhalten negativ beeinflussen kann.
Schlimmer ist noch das Verschwinden der Schnauze bei kurznasigen Rassen wie Pekingese und Mops. Das EU-Parlament hat vergeblich versucht, diesem verhängnisvollen Trend entgegen zu wirken. Heute, nach mehr als einem Jahrzehnt und Qualzuchtparagraphen in einigen Ländern, hat sich kaum eine Verbesserung gezeigt. Wäre dies auch der Fall, würde der größte Teil der Welt davon nicht betroffen sein, da die meisten Länder hier keine Vorschriften erlassen. Das würde dann zu einem Problem des internationalen Ausstellungswesens führen.
Wenn ein Siegerhund nicht einmal normal gehen kann … Aber Exzesse, wie der Bernhardiner, der mittels Schubkarren zum Ausstellungsring transportiert wird, dort den Championstitel entgegennimmt und wieder weggekarrt wird, oder jener Best-in-Show Pekingese auf der Cruft’s, der kaum gehen konnte, zeigen wohl die schlimmsten Entartungserscheinungen eines Systems, das ausersehen war, Hunde „zu verbessern." Dabei gab es nie bessere Hunde als die, welche als Landrassen bewundernswerte Schwerarbeiten verrichteten. So wie beispielsweise die Landrassen-Schäferhunde, die einst Rittmeister von Stephanitz so begeisterten, dass er daraus die erfolgreichste Hunderasse überhaupt schuf, den Deutschen Schäferhund, der aber inzwischen in der weit überwiegenden „Schauversion" mit Problemen zu ringen hat.
Die enorme Zunahme von Erbdefekten und Inzuchtproblemen ist sicher zum Teil auf solche den Rassen aufgezwungenen Veränderungen zurückzuführen. Wildtiere, wie Wölfe, ändern sich im Aussehen auch. Dies aber in extrem langen Zeiträumen, während unsere Hunderassen sich oft in jedem Jahrzehnt ändern müssen. Man braucht etwa nur die Bilder der Sieger der Deutschen Schäferhunde seit ihrer Rassengründung anzusehen. Die Veränderungen erfordern oft eine übermäßige Zuchtverwendung der zunächst nur vereinzelten „modern" gewordenen Rüdentypen, damit die Rasse insgesamt möglichst rasch dem neuen Typ entspricht. Dadurch entstehen weitere Krankheitsdispositionen aus der Verbreitung der Defektgene der neuen Superrüden und eine entsprechende weitere Erhöhung des Inzuchtniveaus. Die in manchen Ländern stark zunehmenden Mischlingszuchten (z.B. Pudel-Labradorkreuzungen, die „Labradoo-dles") sind eine Warnung, dass der Gesundheit in der Rassehundezucht wesentlich mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muss.
Hundeausstellungen also abschaffen? Soll man also Hundeausstellungen abschaffen, wie aus dem Vorhergehenden abzuleiten wäre? Ganz im Gegenteil, eine müßige Frage, wenn man die Tausende begeisterter Zuschauer solcher Veranstaltungen sieht. Ausstellungen sind das Tor der Kynologie zur Welt, heute mehr denn je sind Hundeausstellungen eine Notwendigkeit, um die Öffentlichkeit für Hunde zu begeistern, für die Hundehaltung zu gewinnen und das Image des Hundes zu fördern.
 Dazu ein paar relevante Zahlen: Die größte Hundeausstellung der Welt, die englische Cruft’s, zählte 2004 21.622 ausgestellte Hunde. Die größten Veranstalter von Hundeausstellungen, bzw. ihrer Mitglieder, sind der englische Kennel Club, die weltweite FCI (Fédération Cynologique Internationale) und der Amerikanische Kennel Club (AKC). Die Mitgliedvereinigungen der FCI veranstalteten 4.819 Ausstellungen. Die weltweit beliebtesten Hunderassen sind der Labrador und der Golden Retriever sowie der Deutsche Schäferhund. Solche gewaltigen Zahlen zeigen das international große Interesse am Rassehund. Das ist gerade heute unbedingt notwendig, müsste aber medial weit besser ausgenützt werden, denn die Gefahren für die Hundehaltung haben stark zugenommen.
Aber im Interesse der Hundezucht müssten für die Zulassung zur Ausstellung auch gesundheitliche Aspekte beachtet werden, das heißt, ausgestellte Hunde wären auf Herz und Nieren zu prüfen, müssten einen niedrigen Inzuchtkoeffizienten aufweisen und, wo anwendbar und noch sinnvoll, rassenspezifische Prüfungen sowie Wesenstests absolvieren. Äußerst wertvoll wären generell bei den meisten Hunderassen Ausdauerprüfungen, auch im Hinblick auf die zunehmende Ausübung von neuen athletischen Hundesportarten. Ausschlaggebend für die Zukunft des Rassehundes ist die öffentliche Meinung, man sollte daher auf Hundeausstellungen Befragungen durchführen, um zu sehen, was der Mehrheit der Besucher gefällt und was ihnen nicht zusagt, aber auch welche Wünsche und Vorschläge geäußert werden. Auch Erhebungen zu diesen Themen in der gesamten Bevölkerung wären sehr wichtig! Was den Menschen an den Ausstellungen missfällt, müsste auch der Anlass zum Überdenken mancher Details sein. Das heißt ferner, Ausstellungen sollten nicht länger nur Hundeschauen sein, sondern auch der Werbung und Imagepflege des Hundes dienen. Schließlich gibt es heute wohl wesentlich mehr Hundefeinde, und auch Teile der Presse sind nicht allzu hundefreundlich zu nennen. Verbessern Hundeschauen in der heutigen Form das Image des Hundes oder sind sie nicht vielleicht eher kontraproduktiv? Auf diesem Gebiet geschieht viel zu wenig.
Öffentlichkeitsarbeit gefordert Allgemein wäre viel mehr Öffentlichkeitsarbeit wünschenswert, wie etwa der Unterricht im Umgang mit Hunden für Erwachsene und Kinder, Filme, Vorträge über Haltung, Ausbildung, Gesundheitsfragen und Möglichkeiten von Wagenfahrten, Vorführungen aller Hundesportarten und vieler „Hundeberufe", wie vor allem auch Therapiehunde und Suchhunde aller Art.
Die Öffentlichkeit ist in vieler Hinsicht kritisch: Hunde bellen, beißen, müssen die Straße als Toilette benutzen. Manche Hundebesitzer versuchen, mit ihren großen und „scharfen" Hunden ihre Mitmenschen zu dominieren oder einzuschüchtern. Manche Hunde raufen gern. Wir wissen, die Ursachen liegen vorwiegend am anderen Ende der Leine. Warum also nicht öffentliche Vorträge und Diskussionen über das richtige Verhalten als Hundehalter? Über die Kommunikation und das Verhalten beim Kontakt mit fremden Hunden? Auch im Fernsehen sind Hunde wenig präsent, und über Hundeausstellungen ist die Medienberichterstattung mehr als dürftig.
Hundeausstellungen als unverzichtbare Chance In der heutigen Zeit dürften Hundeausstellungen nicht länger nur das Anliegen einer Minderheit sein, sondern unbezahlbare Gelegenheiten, der Allgemeinheit unseren Kumpan aus dem Tierreich nahe zu bringen. Zu viel erschwert den Erfolg dieses Vorhabens: unberechenbare Behörden, Politiker, Gesetzgeber, Medien, Klimawandel usw. machen uns Hundehaltern immer wieder Probleme und Sorgen, die Umwelt wird für Hunde auch nicht besser, und schließlich sind soziale Faktoren (wie Leben als Single oder Kleinfamilie, Reisetätigkeit usw.) ebenfalls der Hundehaltung mehr als hinderlich.
Fazit: Hundeausstellungen sind unverzichtbar, aber sie müssen positive und wirksame Auswirkungen auf die Rassehundezucht und auf die Öffentlichkeit haben.
|